verwickelt–verwinkelt
2002, Installationen für 3 Räume, mixed Media
Hofkultur 2002, Neustadt an der Weinstraße
Zur Neustädter „Hofkultur“ 2002 entwickelte Ulrike Thiele, Mosbach Installationen, die sich ganz auf die Innenhofbereiche in einem raffiniert, saniertem Fachwerkhauses in Neustadt a. d. W. beziehen.
Für das Installationskonzept sind die architektonischen Gegebenheiten von grundsätzlichem Interesse: das Zusammenspiel räumlicher Abfolgen, das Miteinander von Innen- und Außenbereichen, Licht- und Schattenspiele und geschichtliche Bedeutung der Räume.
Dieses „Ausloten“ bildet das Grundgerüst für die raumangepasste Installation, die auf ihre Art menschliche Verhaltensmuster interpretiert.
Der Hofbereich ist in drei Bereiche gegliedert: einen alten, tiefer gelegenen Gewölbekeller, einen ebenerdigen Hofteil (der größte Raum) und ein etwas höher gelegener Innenhof, teilweise überdacht, ansonsten mit freiem Blick zum Himmel.
Wie der Gewölbekeller, der relativ dunkel ist, leicht feucht wirkt und einen typisch modrigen, etwas schimmeligen Geruch verströmt, so besitzt jeder Raum eine eigene Ausstrahlung. Die Kellerraumatmosphäre intensiviert die Wirkung der dort gezeigten Arbeiten, die das Dunkle, Suchende, Ungewisse und Begierde der Menschen beschreiben.
Eine Arbeit besteht aus einem 2 m breiten Vorhang aus schwarzen Kunststoffstreifen, der quer im Raum hängt und dem Betrachter zunächst den Blick auf den gesamten Kellerraum versperrt. Will der Betrachter einen dahinter verborgenen kalt wirkenden Lichtschein genauer erforschen, ist er gezwungen, entweder um den Vorhang herumzulaufen oder durch die schwarze, streng riechende Streifenmasse hindurchzutreten. Die dahinter liegende Lichtquelle ist Teil eines weiteren Objektes, das auf das menschliche Streben nach Reichtum und die damit verbundene Verblendung anspielt.
Im großen Hof, beschreibt ein 28 m langes, um einen Eichenbalken gewickeltes Kupferband, den immer wiederkehrenden, unerbittlichen Rhythmus in großen und kleinen Dingen des Daseins, dem sich der Mensch unterordnen muss und nur schwer entziehen kann. Demgegenüber sind verschieden große, transparente Quader und Würfelformen aus Aluminium und Plexiglas an der Wand befestigt, in denen sich unterschiedlich strukturierte Eisendrahtbälle befinden. Von Menschen erdachte und gebaute Strukturen, Wohnlandschaften, Stadtstrukturen, Schutzräume, die in ihrer empfindlichen Ausstrahlung gleichzeitig die von Menschen ausgedachten Regeln und Strukturen wieder in Frage stellen, bzw. außer Kraft setzen.
Über allem schwebt ein zartes rundes Etwas, ein hochzerbrechliches Traumgebilde, aus Peddigrohr geflochten, das Wünsche, Träume, Hoffnungen und Illusionen andeutet und somit einen vagen Ausweg aus der harten Realität suggeriert.
Den Abschluss dieser Raumfolge bildet eine ca. 7m lange „Strickleiter“, aus einer dicken Gummischnur gearbeitet und an einem Aluminiumrohr in ca. 4,50 m Höhe befestigt. Man fragt sich: Ist hier ein zäher Aufstieg oder Abstieg angedeutet, verfängt man sich oder gibt es Halt und Sicherheit im Geflecht der Lebensstrukturen? Allen Widrigkeiten zum Trotz oben angelangt, bleibt dem Bezwinger der fragilen Leiter nicht allzuviel Spielraum: eventuell die Möglichkeit, dort oben auf der Aluminiumstange zu balancieren, die über dem Mauervorsprung in luftiger Höhe im „Nichts“ endet- oder doch nicht ?
Aufbau der Ausstellung
Hof
- Kupferspirale
- Drahtkugeln
- Peddigrohrkugel
- Plexiglaskuben
Gewölbekeller
- Wasserglaszylinder mit Broschen
- Kunststoffvorhang
- Brunnenscheibe
- Neonröhre mit Glassteinen, Plexiglasscheibe und Spiegel
- Drahtkörper, oval
Atrium
- Himmelsstrickleiter
- Drahtkugeln
- Plexiglasscheibe