TRIGON | 2014

 

TRIGON

2014, Installation, Stahl, Holz, Kupfer, Glas, Filz, Papiere, Acryllack

variabel, ca. 250 x 180 x 800 cm

Kulturtage 2014, Hirschberg

Konzept für die Ausstellung „Wagner im Spiegel der Zeit, von Walhall bis Nibelheim,  Architekturvisionen“

 

GEDANKEN ZUM RING

Man muss es sich immer wieder klar machen: Richard Wagner schuf ein höchst komplexes Gesamtkunstwerk seiner Zeit. Schwierig also, sich diesem Kosmos zu nähern, auf Grund der Themenvielfalt ein intensiver Prozess. Eingetaucht in „seine Welt“, entwickelt die Auseinandersetzung damit aber eine spannende, faszinierende Dynamik im Kennenlernen dieses Multitalentes. Es galt, diese komplexe Musik-Kunstwelt zu erforschen, um daraus eine eigene künstlerische Position zu entwickeln. Wesentlich für diese Entwicklung: der Aktualitätsbezug, z.B. eine mögliche Verortung der handelnden Protagonisten in Wagners Opern im Hier und Jetzt oder in utopischen Szenarien.

Ausgangsbasis für meinen Beitrag für die Hirschberger Ausstellung war „der Ring des Nibelungen“ in in seiner historischen, soziologischen und musikalischen Verzahnung, ein sehr spezielles Weltbild skizzierend.

Die Einteilung der Tetralogie in Ober-, Mittel- und Unterwelt habe ich als Grundstruktur für meine dreiteilige Installation übernommen, um den Versuch zu unternehmen, meine Gedanken zum Ring zu verankern und greifbare Bilder zu formulieren.

Meine Assoziationen zum Ring beziehen sich auf die Gegenwart, suchen Bilder, wie Wagner auf heutige Strukturen und Werte in seiner künstlerischen Umsetzung reagieren würde, welche Ringformulierungen sind heute noch tragfähig, dienen nach wie vor als impulsgebende Gedanken im Hier und Jetzt?

TRIGON
OBJEKT A

Götterwelt:
Schwarzlackierte Holzplatte, d:75cm, 5cm stark, exzentrische Öffnung,d:20cm, montiert auf 3 Stahlstangen, 3 Glasglocken, 15 m langes Kupferband, variabel in seiner Positionierung/Ausdehnung, min.: ca 270 x 300cm, Gesamthöhe 225cm.

Die spirituelle Welt, Haus der Götter, die einen eigenen Kosmos besetzten, wird in einem über die Augenhöhe reichenden Objekt skizziert.

Sinnbild für die göttlichen Behausungen sind die im buddhistischen Kontext zu verstehenden „leeren“ Glasglocken, die auch Religionsvielfalt andeuten. Sie stehen auf einer Platte mit sehr dünnen, wackeligen Beinen, Sinnbild für die ambivalente Haltung Wagners in Glaubensfragen. Ein brisanter Themenbereich, der in der gegenwärtigen Debatte und in der öffentlichen Wahrnehmung großen Raum einnimmt.

Die spirituelle Welt ist nicht greifbar- scheinbare Einblicke in diese Ebene bleiben verzerrt. Ein Blick durch eine nach unten hängende Glasglocke läßt maximal erahnen, was es auf sich haben könnte mit dem „Himmlischen Reich“. Doch der Mensch ist zu „klein“, um sich auf Augenhöhe diesem Thema zu nähern. Selbst die göttlichen Verfehlungen, angelehnt an griechische Göttersagen, lassen den Menschen nicht wirklich teilhaben an diesem Kosmos, der den Rahmen menschlichen Denkvermögens letztlich sprengt.

Übrig bleiben Projektionen oder im besten Fall Erfahrungen jenseits aller definierten Götterwelten, also gelebte Spiritualität, die dem Menschen eine Orientierung geben könnte. Der Mensch braucht Raum für seine Spiritualität, jenseits von dogmatischen Religions-Formulierungen, um eine eigene Position in seinem Dasein zu beziehen und um nicht im nach wie vor blutigen Glaubenskonkurrenzkampf unterzugehen.

Und hier stellt sich die Frage nach Macht oder Liebe. Liebe wäre erstrebenswert.

Da es für mich aber kaum eine eindeutige Formulierung gibt, sondern nur gemischte Positionen, habe ich in dieser Installation das starke Symbol für Macht oder Liebe, den RING, „aufgeweicht“ und in ein langes, flexibles Kupferband verwandelt (Kupfer statt Gold! Auch hier ist der Wert relativ, Kupfer ist begehrenswert und mittlerweile „lohnendes“ Diebesgut!!). Alle Namen der Ringprotagonisten sind darauf eingeschlagen und tummeln sich so in den verschiedenen Ebenen der Ober-, Mittel- und Unterwelt.

Das Kupferband läuft über das „Himmelsdach“ und hält eines der gläsernen Götterheime, welches sonst auf dem Erdenboden zerspringen würde.

So begegnet Alberich Wotan im Götterreich, und die Frage nach Gut und Böse, Oben und Unten relativiert sich. Das Problem der Wertung, die Frage nach Ethik und Moral, bleiben einem immer währenden Kreislauf untergeordnet.

 

TRIGON
OBJEKT B

Bürgerliche Zwischenwelt:
Holzobjekt aus drei Grundplatten, ca. 50 x75 x75 cm, Fotografien auf Nußbaumholz.

Der Mensch braucht Behausung, zumindest ein DACH über dem Kopf! Ob in Form einer Höhle, eines Blätterdachs oder als kompaktes Gebäude, ist zunächst zweitrangig.

Und an dieser Bedürfnislage wird sich so schnell nichts ändern. Bezogen auf Form und Ansprüche der Wohnräume ist ein steter Wandel zu beobachten, und die Möglichkeiten, mit komplexen Computerprogrammen ganz neue Heimstätten auch hinsichtlich der technischen Ausführungen zu entwickeln, sind gegenwartsspezifisch.

Das „Dach über dem Kopf“ ist in dieser Installation auf wesentliche Teile reduziert: zwei Seitenteile tragen eine Platte, einfachster Schutzraum ist entstanden. Dieses Holzkonstrukt ist jedoch so konzipiert, dass die Komplexität im Errichten von Behausungen durch diverse Winkel und Schrägschnitte angedeutet wird und so kaum ein komplettes optisches Erfassen des Körpers ermöglicht. Wirkt dieser auf der einen Seite raumgreifend, da sich die schwarz gestrichene Fläche in den Raum bewegt, scheint die gegenüberliegende Seitenansicht auf der Kippe zu stehen: ein Ausdruck von Instabilität ist zu wahrzunehmen. In der Vorder- und Rückansicht wirkt das Objekt wie ein fragiler Tunnel, das Kupferband läuft hindurch.

Auf dem Korpus sind acht gleichgroße naturfarbene Holzplatten montiert, als Hinweis, dass der Mensch als irdisches Wesen immer auch auf natürliche Ressourcen angewiesen bleiben wird.

Sieben Fotografien, die alle etwas mit dem Prozess der Konstruktion, des Aufbaus, zu tun haben, sind auf den Hölzern aufgeklebt. Dazu gehören Bilder aus Bayreuth, dem Haus Wahnfried, das sich gerade in einer Umbauphase befindet, ein Foto der neuen KZ- Gedenkstätte Neckarelz, trauriger Erinnerungsort an antisemitisches Fehlverhalten und der daraus resultierenden Katastrophen. Eine Fotografie, aufgenommen im Arsenale, Austragungsort der Biennale in Venedig, verknüpft Wagners Sterbeort mit globalem Kunstschaffen. Und der Verweis auf eine komplexe Kunstformulierung eines Bruce Nauman, in der es um die Befindlichkeit des Menschen in einem speziellen Raumkonstrukt geht, bilden zusammen mit den anderen Fotografien das breite Spektrum der Behausungen ab, die sich ständig wandeln und neue Konstrukte einfordern. Auch hier ist eine Anknüpfung an die „Unterwelt“ auszumachen: drei der Hölzer hängen kopfüber im schwarzen Holzraum: In der Megacity Hong Kong bleibt vielen Bewohnern nur noch der Weg in die unterste Ebene zum Leben. Eine Stadt unter der Stadt ist entstanden, mit eigener Infrastruktur, eigenen Gesetzen, ewig feucht und ohne Licht. Luxus bedeutet hier, einen eigenen ein Kubikmeter großen Käfig zu „bewohnen“…eine unfreiwillige Art des Lebens in der Unterwelt…

 

TRIGON
OBJEKT C

Unterwelt:
Holzobjekt, 33 x 33 x 92 cm, Filzstreifen, Glasplatte, Aluminium.
Holzobjekt, schwarz lackiert, Fotografien, Filz, ca. d: 45cm

Ein stenger, quadratischer Kubus mit einer Höhe von ca. 90 cm,

überragt die bürgerliche Zwischenwelt, steigt auf in der Positionierung/im Ranking.

Dies soll Zeichen sein für eine erschreckend weite Verbreitung mafiöser Handelsstrukturen in allen Lebensschichten, unübersichliche Ausbreitung eines unmoralischen Handlunggebarens. Schwarzer Filz umhüllt in schindelartiger Weise den Kubus: Dichter FILZ ist in allen Ebenen des Lebens anzutreffen, in Wirtschaft, Bankwesen, Lobbyismus. Der Globalisierungsgedanke wird zunehmend missbraucht, der Kapitalismus siegt. Verlierer sind die Umwelt und von Information und Bildung Abgeschnittene.

Eingelassen im schwarzen Filzkubus ist eine geschwärzte Glasplatte, ein “ STÜCK“ Wasser andeutend. Dabei stand für mich der Gedanke Pate, wie Richard Wagner den Ring des Nibelungen in der heutigen Zeit beginnen würde: Wäre die Szenemit den sich im Wasser tummelnden Rheintöchtern, den Goldschatz hütend, noch tragbar, das paradisische Nass noch guter, unbelasteter Lebensraum für Fisch und anderes Getier? Wohl kaum…

Mag Vater Rhein im Lauf der letzten Jahrzehnte wieder etwas gesäubert dahinfließen, drohen dem so wichtigen Element Wasser mittlerweile ganz andere Gefahren globaler Natur. Ist einerseits der überlebenswichtige Kampf um Wasser ein Thema – ständig werden wir per Mail aufgefordert, gegen die Privatisierung von Wasser zu demonstrieren – schwimmen und schweben in allen Gewässern der Erde Mikrokunststoffteilchen: Fischfutter mit Hormon verändernder Wirkung, so dass Fisch nicht mehr weiß, ob als männlich oder weibliches Tier weiter zu schwimmen ist.

Unabsehbare Folgen sind das Thema, und die nächsten großen Kriege werden über den Kampf ums Wasser ausgelöst. So habe ich die Rheintöchter auf`s Trockene gesetzt, um Wasser bittend, welches sich in rationierter Form „oben“ im schwarzen Kubus der Unterwelt befindet.

Nach Brünnhildes Freitod, dem Sturz in den Rhein und der Zurückgabe des Ringes, klammern sich die kopflosen Nixen um dieses Ring-Symbol, hier als schwarzer Filzring angedeutet: vielleicht gibt es doch noch Hoffnung…